Heute möchte ich dir eine persönliche Geschichte erzählen – aus meiner männlichen Perspektive. Es ist die zusammengefasste Entwicklung von vielen Jahren. Eine Geschichte über Männlichkeit, Nähe, Zurückweisung, Heilung und wie ich über viele Umwege gelernt habe, was Selbstsein für mich in einem sexpositiven Kontext bedeutet.
Du bekommst hier eine sehr persönliche Geschichte – aus meiner männlichen Perspektive. Vielleicht kannst du etwas daraus mitnehmen. Das Problem daran: Wir sind alle individuell. Daher ist das, was ich hier schreibe, vielleicht für mich richtig, aber nicht 1:1 übertragbar auf andere. Warum erzähle ich es trotzdem? Unsere Leben verlaufen oft erstaunlich parallel. Auch wenn Menschen unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen, gibt es Gemeinsamkeiten. Wenn du etwas für dich mitnehmen kannst, freut mich das. Und was für dich nicht passt, darf gern hier im Text bleiben. Es ist nur meine Sicht auf die Welt.
Vor ein paar Jahren war ich ziemlich ratlos, wenn es ums Thema Dating und Kontaktaufnahme mit Frauen ging. Ich war eher schüchtern, ruhig, abwartend und damals 100 % hetero orientiert. Dann bin ich auf Plattformen wie Joyclub gestoßen – aus dem Gedanken heraus: „Da gibt’s sicher Menschen, die ähnliche Bedürfnisse haben wie ich.“ Also dachte ich, ich versuch’s mal da – mit der Hoffnung auf Kontakt, Abenteuer, Sex, Nähe, Austausch.
Was ich dort erlebt habe? Erstmal: Es interessiert sich niemand für mich. Trotz eines gut durchdachten, ansprechenden Profils – fast keine Frau schaute vorbei. Also ging ich weiter. Ich beteiligte mich in Foren, diskutierte, brachte mich ein – und ja, es kamen mehr Profilbesucherinnen, aber trotzdem kein echter Kontakt.
Das ließ mich zweifeln: Bin ich nicht gut genug? Nicht interessant genug, um angeschrieben zu werden? Zwischen Selbstzweifeln und dem Zuspruch von ein paar Menschen, die meinten: „Hey Ingo, du bist doch gut, wie du bist“, blieb ich trotzdem allein – mit einem brennenden Wunsch nach Verbindung.
Irgendwann war ich so verzweifelt, dass ich das Gefühl hatte, meine Grenzen überschreiten zu müssen. Ich fing an, Frauen direkt anzuschreiben. Für viele cis-Männer ist das nichts Ungewöhnliches – für mich war es riesig. Ich sagte mir: „Das ist doch eine Plattform für Kontaktaufnahme, also darf ich das.“
Ich gab mir wirklich Mühe: Ich analysierte Profile, suchte Gemeinsamkeiten, formulierte individuelle Nachrichten. Pro Nachricht zwei Stunden Aufwand – insgesamt 40 Stunden für 20 Nachrichten. Und dann: keine Reaktion. Oder schlimmer – Vorwürfe wie: „Schick mir keine Kettenmail!“ Kontakt abgebrochen. Ich konnte mich nicht mal erklären.
Ich fühlte mich hilflos, zurückgewiesen. Menschen lasen meine Nachrichten, sagten „Nein danke“ – oder gar nichts. Ich war so enttäuscht, dass ich versuchte, „effizienter“ zu werden: eine Nachricht, persönlich und allgemein genug, um sie an viele zu schicken.
Das Resultat: 5 von 100 Frauen beschimpften mich, 94,9 % ignorierten mich, mit 0,1 % kam ein Gespräch zustande. Ich dachte: „Aha, so geht das! Ich muss nur meine Strategie verbessern.“ Und plötzlich waren da keine Menschen mehr auf der anderen Seite – sondern ein „System“, das ich knacken wollte.
Heute sehe ich: Ich hatte keine Ahnung. Ich war getrieben vom Gedanken: Mehr hilft mehr. Und obwohl ich mir damals nicht eingestanden habe, wie sehr ich meine eigenen Grenzen überschritten hatte – sie waren längst verschwunden. Ich war ausgebrannt, innerlich leer – mein Bedürfnis nach Verbindung brannte weiter.
Rückblickend: Zielerreichung 0 %. Menschen genervt: 100 %. Mein Verhalten war komplett kontraproduktiv. Ich hatte so viel Druck in mir – nicht nur beim Thema Dating – dass mein Körper irgendwann sagte: „Ich mache das nicht mehr mit.“ Ich war körperlich und psychisch völlig durch.
Aber genau da begann eine Veränderung, die ich mir früher nicht vorstellen konnte.
Hätte man mich damals gefragt: „Bist du du selbst?“ – hätte ich laut „Ja!“ gesagt. Aber gleichzeitig hatte ich depressive Phasen, die ich ignorierte. Ich wusste gar nicht, dass ich nicht ich selbst war – ich lebte in einem Schatten dessen, was ich hätte sein können.
Der Weg daraus war lang. Ich begann, mich den Gefühlen zu stellen, die ich bisher unterdrückt hatte. Ich hatte das Gefühl, vom selbst gebauten Sockel zu stürzen – ein Sockel aus: So muss ich sein, damit ich akzeptiert werde.
Genau an diesem Sockel arbeiten auch Pick-Up Artists. In dieser Disziplin sind sie Meister und verdienen viel Geld damit. Doch das, was sie coachen, mag zwar ihre Sichtweise sein, ich glaube aber nicht, dass es nachhaltig ist. Ich hätte mir damals sogar von ihnen Tipps geholt, weil ich so verzweifelt war. Denn ich dachte: Ich bin falsch. Kein richtiger Mann. Und die da wissen, wie es geht.
Aber: Mein Leben war an einem Punkt, wo ich nicht mehr weitermachen konnte. Mein Körper zog die Reißleine. Ich bekam einen Herzinfarkt.
Also ging ich in die andere Richtung: Nicht „besser“ werden – sondern entspannter werden. Nicht funktionieren – sondern fühlen.
Ich begann zu meditieren. Ich weinte stundenlang. Ich fiel in eine Opferrolle, die ich zutiefst hasste – aber die notwendig war. Denn: Vieles war mir angetan worden. Und genau das anzuschauen, war schmerzhaft, aber wichtig.
Statt meinen Bedürfnissen hinterherzurennen, begann ich, mich selbst darum zu kümmern. Ich entdeckte Erotic Yoga – eine Art, mich bewusst selbst zu berühren, statt nur leer zu masturbieren. Ich lernte meine echten Vorlieben kennen – abseits vom Druck, „gut ankommen“ zu müssen.
Mit der Haltung: „Ich erwarte nichts mehr von außen. Ich bin selbst verantwortlich für meine Bedürfnisse“, ging ich in die Welt. Und auf einmal sagten Frauen: „Hey, unsere Bedürfnisse passen zusammen – wollen wir was gemeinsam erleben?“
Auf einmal war Kontakt kein Thema mehr. Und nein – es ging nicht immer um Sex. Musste es auch nicht. Ich konnte mich ja selbst versorgen. Das machte mich frei.
Und plötzlich entstand echte Vielfalt. Kontakt zu Menschen – nicht getrieben von Bedürftigkeit, sondern getragen von Neugier und Offenheit. Nicht mehr Sex im Mittelpunkt – sondern Verbindung in all ihren Formen. Auf einmal gab es so viele schöne Möglichkeiten, mit Menschen in Kontakt zu kommen. Und Sex (früher bedeutete das für mich nur Penetration) wurde so viel mehr. Heute fühle ich mich nicht mehr allein, das brennende Gefühl ist weg. Ich bin nicht mehr getrieben, sondern habe einfach ein schönes Leben. Wer weiß, welchen Zwängen ich heute noch unterläge, hätte ich damals den Weg der Pick-Up Artists gewählt?
Meine Erkenntnisse heute:
- Weniger Show und Optimierung auf äußerliche Reaktionen bringt mehr.
- Mehr Selbstsein statt Strategie! Selbstverantwortung führt zu Freiheit.
- Und Freiheit ist die Basis für echten Kontakt auf Augenhöhe.
- Die eigenen Gefühle und den Schmerz im Inneren auszuhalten und sich trotzdem damit zu beschäftigen – das ist der Weg.
Ich hatte selbst das Glück, dass mich damals mehrere Menschen auf meinem Weg begleitet haben – dafür bin ich bis heute dankbar. Heute gebe ich das weiter:
Ich bin als Coach tätig und teile meine Erfahrungen mit dir.
Du musst diesen Weg gehen – damit meine ich: die emotionale Arbeit machen.
Wie im Fitnessstudio ist das nicht angenehm. Es tut weh, kostet Überwindung, fordert dich heraus.
Aber genau das bringt Wachstum, Klarheit und echte Veränderung.
Du musst da nicht allein durch.
Ich begleite dich – ehrlich, direkt und mit einem Blick für das, was du selbst vielleicht noch nicht sehen kannst.
Wenn du spürst, dass da mehr möglich ist – mehr Lebendigkeit, mehr du – dann ist jetzt der Moment, loszugehen.
Mit Neugier, Risikobereitschaft und der Lust, der Held deiner eigenen Geschichte zu werden.
Honorar nach Vereinbarung
Kontakt: ingo.fleckenstein@sexpositiv-stuttgart.de
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