Die 6 Fragen vor dem Sex: Für ein bewusstes, respektvolles Miteinander

27. August 2024
Ingo
Gesundheit & Wohlbefinden

Kennt ihr das? Ihr hattet gerade Sex, aber danach bleibt ein schales Gefühl zurück. Vielleicht meldet sich die Person nicht mehr, obwohl ihr gehofft hattet, dass es der Beginn von etwas Schönem sein könnte. Oder es gab eine unangenehme Diskussion über Verhütungsmittel mitten im Moment. Vielleicht war der Sex einfach nicht das, was ihr euch erhofft habt, weil eine Person die Kontrolle übernommen hat, ohne auf die Wünsche des anderen einzugehen.

Mir ging es auch mal so. Ich war an einem wunderschönen Ort, in einer spontanen Situation mit einer Person, die ich kaum kannte. Die Atmosphäre war perfekt, und es fühlte sich richtig an, diesen Moment zu teilen. Aber bevor es losging, erinnerte ich mich an ein Seminar von Christopher Gottwald. Er hatte damals sehr hilfreiche Fragen vorgestellt, die man sich gemeinsam stellen kann, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten respektiert und niemand unbewusst verletzt wird. Doch in dem Moment, als ich sie brauchte, konnte ich mich nicht mehr genau an die Fragen erinnern.

Also tat ich mein Bestes, um die wichtigsten Punkte abzudecken, und stellte ein paar grundlegende Fragen. Aber ich wünschte mir, ich hätte einen klaren Leitfaden gehabt. Damit euch das nicht passiert und ihr in solchen Momenten eure volle Aufmerksamkeit auf eure Gefühle und die Situation richten könnt, habe ich die wichtigsten Fragen für euch rekonstruiert.

Hier sind die 6 Fragen vor dem Sex, die euch helfen können, eine einvernehmliche und erfüllende Erfahrung zu haben:

  1. Hast du jetzt wirklich Lust darauf, und auf was genau hast du Lust?
    Es ist wichtig, dass beide Partner informiert sind und darüber kommuniziert haben, was sie erleben möchten. Vielleicht hat einer von beiden einen klaren Plan. Aber auch offen zu bleiben und zu schauen, was passiert, ist möglich, sofern beide darüber Bescheid wissen und sich darauf einlassen können.
  2. Was brauchst du, damit du dich sicher und wohl fühlst?
    Sicherheit und Wohlbefinden stehen an erster Stelle. Ob es um Verhütung, STI-Schutz oder einfach den Komfort geht – klärt im Vorfeld, was jeder braucht, um sich gut zu fühlen. Und ganz wichtig: Du kannst jederzeit „Nein“, „Stopp“, „Warte mal“, „Rot“ oder was auch immer ihr ausgemacht habt, sagen, wenn etwas, sei es noch so klein oder unbedeutend, nicht passt.
  3. Wie ist unsere Machtdynamik?
    Besteht zwischen euch ein Machtgefälle? Zum Beispiel, wenn einer der Chef und der andere der Angestellte ist. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, wie solche Dynamiken die Fähigkeit, „Nein“ zu sagen, beeinflussen können, und sicherzustellen, dass sich niemand unter Druck gesetzt fühlt.
  4. Gibt es etwas, das du über deinen Körper oder deine Gesundheit teilen möchtest?
    Ob es um gesundheitliche Bedingungen, Triggerpunkte oder sensible Stellen geht – es ist wichtig, dass beide Seiten informiert sind, um Verletzungen zu vermeiden und das Erlebnis angenehm zu gestalten. Dazu gehört auch das Thema Verhütung: Klärt im Vorfeld, wie ihr euch vor STI (sexuell übertragbaren Infektionen) und einer ungewollten Schwangerschaft schützen möchtet. Sprecht offen über euren STI-Status und ob ihr regelmäßig Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmt. Diese Transparenz schafft Vertrauen und sorgt dafür, dass ihr beide euch sicher und wohlfühlt.
  5. Wie können wir währenddessen kommunizieren, wenn etwas geändert werden soll?
    Manchmal stellt man während des Sex fest, dass etwas nicht passt. Hier hilft es, vorher abzusprechen, wie ihr euch signalisiert, wenn ihr eine Pause braucht oder etwas ändern möchtet. Auch Zeichen von Unwohlsein oder Dissoziation sollten erkannt und respektiert werden.
  6. Was brauchst du nach dem Sex, damit es dir gut geht?
    Aftercare ist wichtig. Ob Kuscheln, Alleinsein oder ein Gespräch – klärt, was jeder nach dem Sex braucht. Und besprecht auch, wie es am nächsten Tag weitergeht. Erwartet jemand eine Beziehung, oder war es eher ein One-Night-Stand? Klare Kommunikation vermeidet Missverständnisse und sorgt dafür, dass beide Seiten zufrieden sind.

Diese Fragen sind keine direkten Zitate von Christopher Gottwald, sondern eine Rekonstruktion dessen, was ich als hilfreich empfand. Vielleicht hilft die Erinnerung hieran, den Moment voll und ganz zu genießen und zu fördern, dass alle Beteiligten respektvoll miteinander umgehen.

Falls euch noch weitere wichtige Punkte einfallen, teilt sie gerne im sexpositiven Chat.

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Autor*in

Ingo

Ich bin Ingo (er/ihm) und Initiator der 6+ Community in Stuttgart. Die Idee dazu entstand aus meinen eigenen Erfahrungen: In Berlin habe ich sexpositive Räume kennengelernt, in denen Menschen auf selbstbewusste, raumbewusste und respektvolle Weise miteinander umgingen. Besonders beeindruckt hat mich, wie leicht und selbstverständlich dort Grenzen kommuniziert und akzeptiert wurden – ein „Nein“ war kein Bruch, sondern Teil eines ehrlichen, achtsamen Miteinanders. Diese Atmosphäre war für mich gleichzeitig leicht, verbindend und sicher. Was ich hier teile, hat keinen wissenschaftlichen Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Ich schreibe aus meinem Erleben, nicht aus dem Anspruch, alle Perspektiven oder systematischen Zusammenhänge vollständig durchdrungen zu haben. Mir ist bewusst, dass persönliche Erfahrungen nicht gleichzusetzen sind mit statistischer Evidenz oder universellen Wahrheiten – und trotzdem sind sie echt. Auch dann, wenn sie scheinbar im Widerspruch zu wissenschaftlichen Aussagen stehen. Ich freue mich, wenn du mich auf problematische Verallgemeinerungen hinweist – ich lerne gern dazu. Und gleichzeitig ist es Teil meiner Lebensrealität, dass ich bestimmte Dinge so erlebt habe. Das ist die Basis meiner Arbeit und meines Engagements: Räume zu gestalten, in denen Vielfalt gelebt wird, wo Menschen voneinander lernen, sich ausprobieren und einfach sie selbst sein können. Meine Vision für die sexpositive Community ist kein fertiges Konzept, sondern ein offener Prozess. Inspiriert von einem feministischen, menschenfreundlichen Verständnis von Sexualität – bewusst, einvernehmlich, reflektiert. Dabei geht es für mich nicht nur um Freiheit, sondern auch um Verantwortung: für sich selbst, füreinander und für die Räume, die wir gemeinsam schaffen.

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