Verschiedene Typen von Aushandlungsprozessen: Ein Überblick

24. Juni 2024
Ingo
Kultur & Geschichte

Verschiedene Typen von Aushandlungsprozessen

Verhandlungen sind ein wesentlicher Bestandteil zwischenmenschlicher Interaktionen, ob im beruflichen, privaten oder sozialen Kontext. Die Grundlage jeder Verhandlung kann immer das Ergebnis „Nein!“ oder „Kein Deal!“ haben. Alles Weitere kann mehr oder weniger vorteilhaft für die beteiligten Personen sein. In diesem Blogbeitrag werfen wir einen Blick auf verschiedene Verhandlungstypen und ihre Anwendung, insbesondere im Kontext von Bedürfnissen und sexuellen Interaktionen.

Typen von Verhandlungen

1. Distributive Verhandlungen
Distributive Verhandlungen, auch als „Win-Lose“-Verhandlungen bekannt, basieren auf der Annahme, dass die zu verteilende Ressource begrenzt ist, ähnlich wie ein Kuchen, der in Stücke geschnitten wird. Jede Partei versucht, ihren Anteil zu maximieren, oft auf Kosten der anderen Partei. Das Ergebnis ist eine klare Verteilung, bei der einer gewinnt und der andere verliert.

2. Integrative Verhandlungen
Integrative Verhandlungen, auch als „Win-Win“-Verhandlungen bekannt, zielen darauf ab, durch Zusammenarbeit und Kreativität Lösungen zu finden, die für beide Parteien vorteilhaft sind. Hierbei wird versucht, die Interessen beider Seiten zu berücksichtigen und zu einem Ergebnis zu kommen, das beiden Parteien mehr Nutzen bringt als eine einfache Aufteilung.

3. Kooperative Verhandlungen
Kooperative Verhandlungen gehen über integrative Verhandlungen hinaus, indem sie nicht nur nach einem für beide Seiten vorteilhaften Ergebnis suchen, sondern auch das Wohl aller Beteiligten maximieren. Hierbei werden die Bedürfnisse, Grenzen und Fähigkeiten (Macht) aller Parteien eingebracht, um eine Lösung zu finden, die allen zugutekommt.

Vorteile eines kooperativen Verhandlungstyps

Kooperative Verhandlungen bieten zahlreiche Vorteile:

  • Maximierung des gemeinsamen Nutzens: Anstatt den Kuchen zu teilen, wird versucht, den Kuchen zu vergrößern, sodass alle mehr davon haben.
  • Stärkung der Beziehungen: Durch Zusammenarbeit und gegenseitigen Respekt werden langfristige Beziehungen gefördert.
  • Erhöhung der Zufriedenheit: Alle Parteien fühlen sich gehört und respektiert, was zu höherer Zufriedenheit führt.
  • Förderung der Kreativität: Durch die Einbeziehung verschiedener Perspektiven und Fähigkeiten entstehen innovative Lösungen.

Anwendung auf Verhandlungen entlang von Bedürfnissen und im sexuellen Kontext

Verhandlungen im sexuellen Kontext erfordern besondere Sensibilität und Verständnis. Hier einige Beispiele, wie die verschiedenen Verhandlungstypen aussehen könnten:

Distributive Verhandlungen:
Ein Paar diskutiert darüber, welche sexuellen Aktivitäten sie ausprobieren möchten. Einer möchte etwas Neues ausprobieren, während der andere lieber bei Altbewährtem bleibt. Am Ende entscheidet man sich für eine Aktivität, wobei einer der Partner das Gefühl hat, nachgegeben zu haben.

Integrative Verhandlungen:
Das gleiche Paar spricht offen über ihre Wünsche und Bedürfnisse. Sie finden heraus, dass sie beide Interesse an neuen Erfahrungen haben, aber zu unterschiedlichen Zeiten und mit unterschiedlichen Aktivitäten. Sie einigen sich darauf, abwechselnd neue Dinge auszuprobieren, sodass beide ihre Wünsche erfüllt bekommen.

Kooperative Verhandlungen:
Das Paar bringt alle ihre Wünsche, Grenzen und Fähigkeiten ein. Sie diskutieren nicht nur über Aktivitäten, sondern auch darüber, wie sie sich dabei fühlen und was ihnen Sicherheit gibt. Sie schaffen eine Atmosphäre des Vertrauens und der Offenheit, in der sie gemeinsam neue Dinge ausprobieren und ihre Intimität vertiefen können. Beide Partner fühlen sich gestärkt und respektiert, was zu einem besseren gemeinsamen Erleben führt.

Fazit

Während etablierte Aushandlungsprozesse oft von einem begrenzten Kuchen ausgehen, der aufgeteilt werden muss, führt dies häufig zu einer Schieflage, in der die schwächere Partei benachteiligt wird. Ein kooperativer Verhandlungsprozess hingegen fördert das gemeinsame Wohl und maximiert den Nutzen für alle Beteiligten. Hier geht es nicht nur darum, einen Gewinner zu haben, sondern darum, dass alle gewinnen. Diese „Win-Win“-Situation stärkt nicht nur die individuellen Bedürfnisse und Grenzen, sondern auch die Beziehungen und das gemeinsame Erleben.

Lasst uns also in unseren Verhandlungen, ob im beruflichen, privaten oder sexuellen Kontext, einen kooperativen Ansatz wählen, um gemeinsam zu wachsen und zu profitieren.

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Autor*in

Ingo

Ich bin Ingo (er/ihm) und Initiator der 6+ Community in Stuttgart. Die Idee dazu entstand aus meinen eigenen Erfahrungen: In Berlin habe ich sexpositive Räume kennengelernt, in denen Menschen auf selbstbewusste, raumbewusste und respektvolle Weise miteinander umgingen. Besonders beeindruckt hat mich, wie leicht und selbstverständlich dort Grenzen kommuniziert und akzeptiert wurden – ein „Nein“ war kein Bruch, sondern Teil eines ehrlichen, achtsamen Miteinanders. Diese Atmosphäre war für mich gleichzeitig leicht, verbindend und sicher. Was ich hier teile, hat keinen wissenschaftlichen Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Ich schreibe aus meinem Erleben, nicht aus dem Anspruch, alle Perspektiven oder systematischen Zusammenhänge vollständig durchdrungen zu haben. Mir ist bewusst, dass persönliche Erfahrungen nicht gleichzusetzen sind mit statistischer Evidenz oder universellen Wahrheiten – und trotzdem sind sie echt. Auch dann, wenn sie scheinbar im Widerspruch zu wissenschaftlichen Aussagen stehen. Ich freue mich, wenn du mich auf problematische Verallgemeinerungen hinweist – ich lerne gern dazu. Und gleichzeitig ist es Teil meiner Lebensrealität, dass ich bestimmte Dinge so erlebt habe. Das ist die Basis meiner Arbeit und meines Engagements: Räume zu gestalten, in denen Vielfalt gelebt wird, wo Menschen voneinander lernen, sich ausprobieren und einfach sie selbst sein können. Meine Vision für die sexpositive Community ist kein fertiges Konzept, sondern ein offener Prozess. Inspiriert von einem feministischen, menschenfreundlichen Verständnis von Sexualität – bewusst, einvernehmlich, reflektiert. Dabei geht es für mich nicht nur um Freiheit, sondern auch um Verantwortung: für sich selbst, füreinander und für die Räume, die wir gemeinsam schaffen.

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